Indonesiens Hauptstadt Jakarta gibt sich gerne luxuriös und modern. So gibt es dort auch für die deutsche Wirtschaft einiges zu holen. Doch schon am Rand der Mega-Stadt beginnt die harte Realität.

Shopping Center in Jakarta: Der Inselstaat ist ein wichtiger asiatischer Zukunftsmarkt für internationale Unternehmen. Quelle: Reuters Fotoquelle: handelsblatt.com
Shopping Center in Jakarta: Der Inselstaat ist ein wichtiger asiatischer Zukunftsmarkt für internationale Unternehmen. Quelle: Reuters Fotoquelle: handelsblatt.com

JAKARTA. Die Jungs vom Donautal-Duo stimmen “ein Prosit der Gemütlichkeit” an, das Publikum an den rustikalen Holztischen klatscht dazu im Takt und die Dirndl-Kellnerinnen haben Mühe, den Nachschub frisch gezapften Oktoberfestbiers sicherzustellen. Im “Paulaner Brauhaus” in Jakartas luxuriöser Einkaufspassage “Grand Indonesia Shopping Town” herrscht an diesem Mittwochabend eine “Mordsgaudi”. Indonesiens wohlhabende Oberschicht steht auf Erlebnisgastronomie “made in Bavaria”. Der Laden ist jeden Abend brechend voll – trotz oder vielleicht gerade wegen des Schweinebauchs auf der Speisekarte; in jedem anderen islamischen Land wäre das unvorstellbar.

Deutschlands jüngster Exportschlager sagt viel darüber aus, wie man Auslandsmärkte verlieren, aber auch wieder zurückerobern kann. Bis in die 90er Jahre genoss alles Deutsche bei Indonesiens Elite große Sympathie. Viele Indonesier in Führungspositionen hatten ihr Studium in der alten Bundesrepublik absolviert und suchten enge Wirtschaftsbeziehungen. Das große Interesse bestand beiderseits. Indonesien zählte damals zu den bevorzugten Standorten deutscher Unternehmen in Asien. Es zog mehr Direktinvestitionen an als China.

Die Asienkrise traf das Land mit voller Wucht

Doch die Schönwetterphase endete mit der Asienkrise 1997; das Pro-Kopf-Einkommen fiel unter den Wert von 1980 und die Konzernzentralen von Hamburg bis München stempelten das Land ab: hoffnungsloser Fall. Und daher bemerkte auch niemand, als es wieder aufwärts ging.

“Die deutsche Wirtschaft muss viel Boden gutmachen”, sagt Jan Rönnfeld, Geschäftsführer der Deutsch-Indonesischen Handelskammer. Zurzeit sind rund 200 deutsche Unternehmen in Indonesien tätig, kaum mehr als vor zehn Jahren. Ihnen stünden 4 000 koreanische und 3 500 japanische Firmen gegenüber, erzählt Rönnfeld. Und China erweitere massiv seine Präsenz.

So sind Chinas Unternehmen in wenigen Jahren zum wichtigsten Lieferanten neuer Kraftwerke aufgestiegen. Das hat unter anderem Siemens Marktanteile gekostet. Im Rohstoffsektor suchen sie aggressiv nach Investitionsgelegenheiten. Dabei hilft ihnen, dass Indonesiens Wirtschaftselite überwiegend ethnische Chinesen sind.

Spät wacht jetzt auch die deutsche Wirtschaft auf. Denn sie stellt fest, dass man in Indonesien trotz zeitraubender Bürokratie und Infrastrukturmängel glänzend verdienen kann. Auf nach Indonesien, lautet die Devise: VW plant mit einem lokalen Partner den Polo zu bauen, Giesecke & Devrient will in die Kreditkartenproduktion einsteigen und Bosch künftig Haushaltsgeräte herstellen. Im Oktober war Metro-Chef Eckhard Cordes in Jakarta, weil der Konzern vielleicht schon 2011 seinen ersten Großmarkt eröffnen will.

Michael Flieger, Indonesien-Chef des Leuchtmittelherstellers Osram, lobt das Land als “einen unserer wichtigsten Zukunftsmärkte in Asien”. Rudi Borgenheimer, Geschäftsführer Mercedes-Benz Indonesia, sagt: “Wir rechnen damit, dass unser Umsatz hier am schnellsten wachsen wird in Südostasien.”

Die Kehrseite der verlockenden Gewinnchancen ist der beschwerliche Weg dorthin. Der Weltbank-Geschäftsklimaindex sieht Indonesien auf Platz 121 und damit noch hinter Bangladesch, aber immerhin vor Indien. Flieger berichtet von über Nacht erlassenen Gesetzen, die den Import erschweren, von unzuverlässigen Zulieferern und korrupten Gerichten. Aber auch von der Improvisationsgabe seiner Mitarbeiter, die für fast jedes Problem in letzter Minute doch noch eine Lösung fänden. “Indonesien ist ein Wechselbad positiver Überraschungen und frustrierender Rückschläge”, sagt der Osram-Geschäftsführer.

Die Autofahrt vom Zentrum Jakartas in den Vorort Tangerang, wo Osram jährlich 200 Mio. Lampen produziert, offenbart den Glanz und das Elend des Landes. Futuristische Hochhäuser und luxuriöse Shopping-Malls säumen die achtspurige Jalan Sudirman im Herzen der 13-Millionen-Stadt. Eine Gesellschaft im Aufbruch stellt ihren Reichtum zur Schau. Aber Armut, Schmutz und Überlebenskampf sind bald unübersehbar, fährt man nur ein wenig weiter Richtung Peripherie. Die Straße wird zur Schlagloch-übersäten Kampfzone für Mopeds und Fahrradrikschas, die Läden schrumpfen auf Garagengröße, Ziegen wühlen im Müll, direkt neben dem Reifenflicker, der täglich nur ein paar Tausend Rupien verdient. Wenn mal wieder einer der berüchtigten Wolkenbrüche über Jakarta niedergeht, dann braucht Flieger für die Strecke zu seinem Werk bis zu fünf Stunden.

Originalbericht: handelsblatt.com
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