In Indonesien braucht man viel Zeit und Geduld


Mehr als 140 Mrd. US-Dollar will die indonesische Regierung in den nächsten vier Jahren in die marode Infrastruktur investieren. Und das ist bitter nötig. Denn das Chaos auf den Straßen von Jakarta ist eine Last für die Wirtschaft Indonesiens.

Stau auf Jakartas Straßen während der Rush hour: Die schlechten Verkehrsbedingungen sind eine Last für die Wirtschaft des Inselstaates. Quelle: dapd Fotoquelle: handelsblatt.com
Stau auf Jakartas Straßen während der Rush hour: Die schlechten Verkehrsbedingungen sind eine Last für die Wirtschaft des Inselstaates. Quelle: dapd Fotoquelle: handelsblatt.com

JAKARTA. Denn ab sieben Uhr morgens geht nichts mehr auf der Sudirman Straße im Central Business District von Jakarta – zumindest mit dem Auto. Nur Mofafahrer kommen überhaupt noch einigermaßen voran. Sie schlängeln sich waghalsig zwischen hupenden Autokolonnen hindurch. Eine Autofahrt in Jakarta kann oft mehrere Stunden dauern – selbst für kurze Distanzen. Für Geschäftsleute hat das Verkehrschaos zumindest einen Vorteil: Sie haben stets eine Ausrede parat, wenn sie zu spät zu einem Treffen kommen.

Die marode Infrastruktur ist eine schwere Hypothek für Indonesiens Wirtschaft. Nicht nur die Staus in Jakarta oder katastrophale Straßenverhältnisse jenseits der Hauptinsel Java machen der Wirtschaft zu schaffen – vielerorts fällt überdies häufig der Strom aus. Just-in-time-production ist damit unmöglich.

“Wenn es bei der Infrastruktur keine Fortschritte gibt, droht das wirtschaftliche Potenzial Indonesiens zu verpuffen”, sagt Necip Bagoglu von der deutschen Gesellschaft für Außenwirtschaft, Germany Trade und Invest (GTAI). Das Wirtschaftswachstum und die demografische Situation verschärfen das Problem in den nächsten Jahren noch weiter: So rechnen die Marktforscher von AC Nielsen damit, dass der Absatz von Autos in diesem Jahr um 76 Prozent steigt, der für Mofas soll um 41 Prozent zunehmen. Ohne besseren Nahverkehr, neue Straßen und Häfen droht dem Land der Verkehrskollaps. Nur 67 Prozent der Indonesier haben Zugang zum Stromnetz – und der Energiebedarf steigt jährlich um neun Prozent. Die Regierung plant deshalb bis 2014 Investitionen von über 140 Mrd. Dollar. Das bietet auch für ausländische Investoren große Chancen.

Dabei liefern sich vor allem Japan und China einen Zweikampf um die lukrativen Aufträge. Während japanische Firmen Hochtechnologie anbieten, sind die Chinesen vor allem bei Kohlekraftwerken stark. Bis 2014 sollen im Energiesektor zusätzliche Kapazitäten über 20 000 Megawatt entstehen. Die indonesische Regierung setzt vor allem auf zwei Energieträger: Kohle und Geothermie. Die ersten Aufträge für Kohlekraftwerke gingen fast ausschließlich an chinesische Firmen. Diese bieten immer häufiger auch bei technologisch anspruchsvollen Projekten mit. Deutsche Firmen sind dagegen wenig präsent. Eine Ausnahme ist Siemens. Der Konzern ist seit 100 Jahren auf dem indonesischen Markt aktiv und hat in den 90er Jahren für mehrere Milliarden Dollar Kohlekraftwerke gebaut. In jüngster Zeit kam das Unternehmen hier bei Hauptkontrakten allerdings nicht mehr zum Zuge.

Bagoglu erklärt die Probleme deutscher Firmen auch mit der unterschiedlichen Mentalität. “Die Deutschen wollen vor einem Projekt immer alles ganz genau festlegen”, sagt er. Chinesische Unternehmen gingen anders vor: “Die schließen erstmal einen Vertrag ab und verhandeln später die Details.” Damit kämen sie auf dem indonesischen Markt besser zu Recht. Grade im öffentlichen Sektor sei außerdem die Korruption ein großes Problem. Deutsche Firmen hätten wegen ihrer strengen Compliance-Richtlinien deshalb oft nur wenig Chancen, sagt Bagoglu.

Erst kürzlich kündigte China Infrastruktur-Investitionen von mehr als sechs Mrd. Dollar an. Zuvor hatte Japan noch höhere Zusagen gemacht: In den nächsten 15 Jahren will es 53 Mrd. Dollar in die indonesische Infrastruktur investieren. Die Japaner schnüren oft große Pakete: Aufträge für Zementwerke, Eisenbahnlinien und Häfen werden zusammengefasst und durch Kredite staatlicher Entwicklungsbanken abgesichert. Zu den anvisierten Projekten der Japaner gehört auch ein U-Bahnlinie für Jakarta.

Allerdings folgen den Ankündigungen in Indonesien keineswegs immer rasche Taten. Das belegen die unzähligen Betonpfeiler, die sich linienförmig durch Jakarta ziehen. Aus ihnen sollte eigentlich eine 28 Kilometer lange Einspurbahn werden. Doch kurz nach Baubeginn 2004 ging dem Investor das Geld aus. Nun sollen die Arbeiten wieder aufgenommen werden. “In Indonesien braucht eben alles viel Zeit”, sagt Bagoglu.

Originalbericht: handelsblatt.com
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