Indonesien: Die Inselwelt von Raja Ampat ist nahezu unberührt, die Artenvielfalt unter Wasser enorm. Touristen gibt es kaum – dafür um so mehr intakte Korallengärten.

"Pindito" heißt das Tauchsafarischiff, das im "Korallendreieck" zwischen Indonesien und Malaysia cruist. Foto: Manuela Kirschner Fotoquelle: welt.de
"Pindito" heißt das Tauchsafarischiff, das im "Korallendreieck" zwischen Indonesien und Malaysia cruist. Foto: Manuela Kirschner Fotoquelle: welt.de

Die Entdeckungsreise beginnt in Sorong. Vorher war nur Anreise, etwa über 20 Stunden lang. Ja, das ist weit weg – aber jede einzelne Flugstunde ist es wert. Sorong liegt im äußersten Westen von Irian Jaya, Indonesien – einem der letzten noch kaum erschlossenen Gebiete unserer Erde, Wildnis also. Und als hätte ich gefragt, wo wir hier eigentlich sind, erklärt Edi. „Willkommen. Ihr seid hier im Herzen der Artenvielfalt“.

Edi Frommenwiler ist nicht jemand, der das nur irgendwo gelesen hätte. Der Schweizer ist einer der Tauchpioniere hier und schon Ende der 1990er Jahre erkannte er die außergewöhnlich Artenvielfalt der Riff Raja Ampats.

Einen Teil davon werden wir jetzt erkunden. Edi’s Schiff, die Pindito, liegt vor eine Kette kleinerer und größerer Inseln. Mit schroffen Wänden ragen sie steil und hoch aus dem Meer und an allen nicht absolut senkrechten Bereichen wuchert tropische Vegetation. Das phantastische Landschaftskunstwerk erinnert an die berühmten „James-Bond-Felsen“ in Thailand. Nur ist diese Inselwelt hier unendlich größer und erstreckt sich so weit das Auge reicht.

Mit einem der Schlauboote der Pindito fahren wir bis direkt an einer dieser Felsen, checken noch mal unsere Tauchausrüstung und los geht’s. Eine fantastische Szenerie erwartet uns. Im Flachbereich bildet der Fels einen unglaublich tief ausgehöhlten Überhang. An der Außenkante begeistern Felder von Fächer- und großen Peitschenkorallen, weiter innen im Überhange Weichkorallen und ein Flickenteppich aus farbenprächtigem Bewuchs an Decke und Wänden.

Im Freiwasser vor dieser tollen Kulisse gibt es Fische satt: Schwärme von Füsilieren und Doktorfischen, Schnappern und Riffbarschen. Kapitale Stachelmakrelen patrouillieren vorbei und stoßen mit atemberaubender Geschwindigkeit unter die Überhänge hinein, um vielleicht in dem Gewusel von Kleinfischen Beute zu machen. Wir betauchen Durchbrüche und eine große Höhle mit Muränen und Zackenbarschen. Wohin wir schauen zeigt sich überbordendes Leben.

Der Safaritrip auf dieser Route läuft eben aus gutem Grund unter dem Namen „Biodiversity Tour“. Edi Frommenwiler ist auch bekannter Unterwasser-Filmer und konnte so früh schon die Artenvielfalt dokumentieren. Bereits 1996 riet er lokalen Regierungsstellen zur Errichtung eines Meeresschutzgebietes.

Um das Projekt wissenschaftlich zu untermauern, lud er 2002 Forscher verschiedener Fachrichtungen auf die Pindito zu einer weiteren Erkundung die Artenvielfalt ein. Edi erinnert sich noch gut: „Der bekannte Fischkundler Gerald Allen fand, dies sei der „Holy Grail of fish diversity“. Und ein Korallenspezialist registrierte 480 Arten Steinkorallen, fand dabei nicht nur neue Arten, sondern beschrieb gleich ganz neue Familien. Die Wissenschaftler waren auch für die Naturschutz-Organisationen TNC (The Nature Conservancy) und WWF (World Wildlife Foundation) an Bord der Pindito und alle erklärten, so etwas noch nicht gesehen zu haben und dass dieses Gebiet seiner unglaublichen Artenvielfalt wegen geschützt werden muss Raja Ampat liegt im Zentrum des so genannten „coral triangle“.

Dieses Korallendreieck ist ein Meeresgebiet zwischen Indonesien und Malaysia im Westen, den Philippinen im Norden sowie Neuguinea und Salomonen im Osten. Die Korallenriffe dieses Gebietes sind noch mehr als alle anderen der Welt ein lebenssprühender Raum. In ihnen kommen 75 Prozent aller bekannten Korallenarten vor. Zudem sind sie Heimat, Nahrungsgründe und Kinderstube für über 40 Prozent aller weltweit bekannten Korallenriff-Fische. Raja Ampat liegt im Zentrum dieses Korallendreiecks, doch es ist nicht nur dessen geographisches Herz. Meersbiologen drücken es heute so aus: „Raja Ampat ist das Epizentrum mariner Artenvielfalt“.

Schon vor gut zehn Jahren entdeckten Forschungstaucher bei einer ersten kleinen Expedition über 50 der Wissenschaft bis dahin unbekannte Korallen, Fische und größere Krebse. Wenige Jahre später zählten Forscher bei einer ersten Bestandaufnahme 1074 Fischarten und 450 riffbildende Steinkorallen, darunter wieder nicht wenige neu entdeckte. Seitdem wird die Artenzahl beständig nach oben korrigiert.

So wurden zum Beispiel auf einer weiteren Expedition im Jahr 2006 allein in einem sehr kleinen, untersuchten Areal weitere 56 neue Arten. Heute ist es als „Bird’s Head Seascape“ bekannt, umfasst 2500 Inseln und Riffe, mehrere Meeresschutzgebiete und ist Heimat von rund 1300 Fischarten – weit mehr als in der gesamten Karibik leben. Selbst bei dieser beeindruckenden Zahl wird es wohl nicht bleiben.

Das Tauchsafari-Schiff Pindito hat inzwischen am nächsten Riff Halt gemacht. Eine bislang unbekannte Stelle, denn Edi baut gerne Neuerkundungen auf den „Biodiversity-Touren“ ein. Wobei er hier aus dem Vollen schöpfen kann. Auch wir machen uns tauchfertig, haben noch ein Rendezvous im Riff. Ein Blind Date sozusagen – mit irgendetwas der unbekannten Art. Lassen wir uns überraschen.

Originalbericht: welt.de
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