Weil ihre Gäste zuviel Wasser verbrauchen, schöpfen balinesische Hotels die Grundwasservorräte leer. Helfer versuchen, die Insel wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Gläubige beten in einem Mangrovenwald bei Denpasar For-Quelle: zeit.de / © SONNY TUMBELAKA/AFP/Getty Images
Gläubige beten in einem Mangrovenwald bei Denpasar For-Quelle: zeit.de / © SONNY TUMBELAKA/AFP/Getty Images

Die Kinder sitzen in der Hocke und schauen neugierig in die stinkende Brühe, die zäh durch einen schmalen Kanal entlang der Häuserwand fließt. “Ein Bonbon-Papier”, sagt ein Mädchen, “ein Hühnerknochen”, ruft ein anderes. Die Kinder sind Balinesen. Sie leben in Segina Asri, einem Stadtviertel von Denpasar auf der indonesischen Insel. “Und das da vorne”, sagt ein Junge, “das sieht aus wie Kacke”. Die Kinder prusten los.

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Die Sache aber ist ernst. Auf Bali ist – wie im Rest Indonesien – Abwasserreinigung ein seltener Luxus. Das Land hat 240 Millionen Einwohner, aber nur acht der 450 Städte haben eine zentrale Abwasserreinigung. Verseuchtes Wasser aber macht krank. 50.000 Menschen sterben nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO in Indonesien jedes Jahr an Krankheiten, die sie sich durch dreckiges Wasser zugezogen haben. Es gibt 120 Millionen Fälle von Durchfall-, Haut- und anderen Erkrankungen. Und wer krank ist, arbeitet nicht. Der Verlust belief sich nach WHO-Angaben 2006 auf 6,8 Milliarden US-Dollar (5,6 Mrd Euro) im Jahr.

Bali ist bekannt als die Insel der Götter. Seit den siebziger Jahren wächst die Zahl der Touristen stetig. Sie kommen wegen der Schönheit der Landschaft, den Reisterrassen. Wegen der Balinesen, die gastfreundlich sind. Und wegen des Glaubens. Tausende Tempel stehen in dieser Hindu-Enklave eines muslimischen Landes, überall liegen aus Gräsern geflochtene Opferkörbe gefüllt mit Blumen und Früchten.  Kunsthandwerker sitzen entlang der Straßen. Es gibt Traumstrände, Surfwellen, Strandbars.

Der Fokus, den die Insel in den letzten Jahren auf den Tourismus gesetzt hat, hat jedoch seinen Preis. “Unser Paradies ist bedroht”, sagt Yuyun Ismawati von Balifokus – die Hilfsorganisation konzentriert sich auf Wasser-, Abwasser- und Abfallmanagement. Früher, als weniger Menschen hier wohnten und mehr Urlauber in Heimatnähe blieben, floss das Abwasser relativ problemlos in die vielen Flüsse und wurde hinaus ins Meer gespült. Heute verbrauchen zu viele Menschen zu viel Wasser. “Die Ressourcen dieser Insel reichen für 2,7 Millionen Menschen, aber es leben schon 3,4 Millionen hier – und jedes Jahr kommen rund vier Millionen Touristen”, sagt Ismawati.

Balifokus hat errechnet, dass bessere Hotels am Tag 500 Liter Wasser pro Zimmer verbrauchen: fürs Duschen und Saubermachen, den Swimmingpool, die Gartenbewässerung. Sie haben soviel Grundwasser geschöpft, dass im Süden der Insel, wo die Touristenzentren sind, schon Salzwasser eingedrungen ist. Koli-Bakterien wurden auch entdeckt, was auf Fäkalienverschmutzung hindeutet. Die Lokalbehörde untersagte den Hotels die Grundwassernutzung. “Jetzt soll das Wasser aus den Flüssen kommen, aber das reicht einfach nicht mehr aus”, sagt Ismawati. Vielen Flüssen sei das Wasser längst abgegraben worden.

Balifokus hat seit ein paar Jahren Wasserproben entlang der Westküste Balis entnommen und zur Analyse geschickt. “Das Labor dachte, bei den Proben handele es sich um Abwasser”, sagt Ismawati.

Beim Bummel durch die Hauptstraßen in den Touristenvierteln Nusa Dua, Kuta oder Seminyak fallen die schicken Boutiquen auf, die eleganten Bars. Ein paar hundert Meter dahinter sieht es oft ganz anders aus. Erst recht in den Armensiedlungen, wo viele von denen wohnen, die die Fassade des Urlauberparadieses jeden Tag herausputzen: Gärtner, Wäscher, Zimmermädchen. In solchen Vierteln stinkt das Abwasser in offenen Kanälen.

Originalartikel: www.zeit.de
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